Nach einer zweijährigen Pandemie-bedingten Pause konnte BMI Austria endlich wieder eine Live-Veranstaltung für KundInnen, GeschäftspartnerInnen und andere Interessierte organisieren. Über 100 Gäste aus sämtlichen Bereichen der Dachbranche folgten dem Ruf zum zweiten BMI Rooftop Talk: von Architektur und Generalunternehmung über Baugewerbe und Verarbeitung bis zu Wissenschaft und Fachvertretung.
Eines der vielen Highlights war die Location im Wiener Museumsquartier: Die MQ Libelle ist ein architektonisch und künstlerisch herausragendes Meisterwerk. Der verspielte, zum Teil transparente Pavillon bietet einen idealen und ästhetisch anspruchsvollen Rahmen für Präsentationen und Diskussionen. Zudem eröffnet sich von der weitläufigen, mehrgeschossigen Terrasse ein sensationeller Ausblick auf die historische Umgebung der Wiener Innenstadt. Detail am Rande: Beim Bau dieser aufwendigen Flachdachanlage kam auch eine Reihe an professionellen Abdichtungslösungen von BMI Villas zum Einsatz.
Den Impuls-Vortrag hielt Architekt Willi Fürst von „Ortner & Ortner Baukunst“, der von Beginn an in die Planung und Umsetzung der MQ Libelle involviert war. Die spannende und für die zuständigen Architekten langwierige Reise mit zahlreichen Umplanungen begann bereits 2003 mit einer ersten Studie zu Aussehen, Größe und vor allem Kosten eines Aufbaus auf dem Dach des Leopold Museums. Konkrete Schritte folgten fünf Jahre später, doch die Behörde lehnte das Projekt ab.
Mit dem Amtsantritt von Christian Strasser als Direktor des Museumsquartiers im Jahr 2011 habe das Unterfangen wieder Fahrt aufgenommen, so Fürst. Dabei entstand auch die Idee, Werke der beiden Künstlerinnen Brigitte Kowanz und Eva Schlegel zu integrieren. Bis zur finalen Eröffnung 2020 folgten aber noch weitere Umplanungen sowie „die seriöse Bearbeitung sämtlicher Einsprüche aus dem Anrainerumfeld“, wie Fürst es ausführte. „Was man unbedingt hervorheben muss“, so der Architekt. „Hier wurden keine öffentlichen Mittel verbaut, sondern das Museumsquartier hat alles mit eigenen Rücklagen und Darlehen gestemmt.“
Die Überleitung auf das Hauptthema des Rooftop Talks „Mit nachhaltigen Dachlösungen die Welt von morgen gestalten“ übernahm der Zukunftsforscher und Innovationsexperte Michael Dell. In bewusst kurzweiliger und provokativer Weise zeigte er auf, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt, um Kipp-Effekte beim Klima abzufangen. So ist er sich absolut sicher, „dass Dächer in Zukunft kühlen müssen – zum Beispiel durch Gründachanlagen“.
Wesentlich für Dell ist, dass sich „ein Großteil der Herausforderungen nur über Technologie lösen lässt: Es geht um eine große Anzahl von vielen kleinen Schritten, die alle gleichzeitig passieren müssen.“ Einen bedeutenden Trend sieht er daher in „multimodalen Dächern mit verschiedenen Zonen, wie etwa Begrünung, Energiegewinnung oder einem Tümpel.“ Außerdem ist er überzeugt, dass es nicht ohne gewisse Zwänge gehen wird: „Einerseits müssen wir die Gewerbeordnung neu schreiben und Gewerke-Grenzen aufbrechen. Andererseits muss die Bauordnung festlegen, dass bei Neubauten das Dach begrünt und eine Photovoltaik-Anlage montiert werden muss.“
Genau für Letzteres macht sich Vera Immitzer als Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria stark. Denn um die Klimakrise zu bewältigen, müsse der Anteil von Sonnenstrom bis 2030 von momentan 2,5 Terrawatt pro Jahr auf 13 steigen. Das könne aber nicht nur durch PV-Verpflichtungen für Dächer gelingen. „Um die Steigerung zu ermöglichen, müssen wir auch in die Freiflächen gehen“, so Immitzer. „Das ist ein unangenehmes Thema, aber wir werden in Österreich zukünftig Solar-Parks sehen.“
Der Effekt solcher Maßnahmen rechne sich auch finanziell, so die PVA-Geschäftsführerin: „Wir geben zurzeit täglich (!) 25 Millionen Euro aus, weil wir Strom importieren müssen.“ Zudem decke PV die Verbrauchsspitzen um die Mittagszeit, was ebenfalls geringere Kosten an der sehr volatilen Strombörse bedeute. Rein technologisch erkennt Immitzer enorme Fortschritte: „Vor 10 Jahren hätten wir nie gedacht, dass wir die Leistung von 250 Watt auf 450 bis 480 erhöhen. Außerdem sind heute nordseitige Module ebenso gang und gäbe wie senkrecht montierte.“ Ein großes Potenzial läge in der Stromspeicherung, wo aber ebenfalls viel Innovation und Forschung in Bereichen wie Salzwasser-, Pump- oder Schwungradspeicher passiere.
Noch radikalere Schritte fordert der Autor, Fotograf und Naturdenker Conrad Amber, der auch Gründachanlagen plant und umsetzt. „Akzeptieren wir die Natur, so wie sie ist. Das tut nicht weh!“, lautet sein Appel. Welchen Effekt Gründächer haben, zeige sich in einer Studie für München: „Würde man dort alle Flachdächer begrünen, würde die Temperatur aufs Jahr gerechnet um zwei Grad sinken.“ Denn Pflanzen und Bäume erzeugen unter anderem auch leichte Luftströme, was zu Kühlung und besserer Luftqualität beitrage.
„Daher müssen wir unser Verhalten ändern“, so der ökologische Vorreiter. „Ja, Verzicht geht. Ja, das kostet Geld. Aber nur eines kommt teurer als Grün – und das ist kein Grün.“ Für Amber geht es vor allem auch darum, „welche Welt wir den Generationen hinterlassen, die absolut nichts dafürkönnen.“ Sein Credo, um das zu erreichen: „Ich wünsche mir einen Wettbewerb der Städte um Grünraum. So, dass richtige Waldstädte entstehen, wo es neben Grün- auch wieder mehr Wasserflächen gibt. Ein Sommer in der Stadt muss wieder reizvoll werden.“
Als finaler Speaker widmete sich Wolfgang Hubner dem Thema „Das Dach als Wasserspeicher“. Der Leiter des Instituts für Flachdachbau und Bauwerksabdichtung (IFB) verwies anfangs darauf, dass es vor 35 Jahren absolut undenkbar war, dass man Wasser am Dach speichern wollte. Allerdings wirke sich die Klimaentwicklung mit zunehmend unvorhersehbaren Starkregen auf die Gestaltung zukünftiger Dächer aus. „Wir werden Wasser am Dach speichern und verzögert ableiten müssen.“ Ein Grund dafür sei etwa die voranschreitende Bodenversiegelung sowie die unzureichende Versickerungsfähigkeit vieler österreichischer Böden. „Wasser ist ein ökologisch sehr wertvolles Gut, mit dem wir sehr nachlässig umgehen. Statt es wo hinzupumpen, sollten wir es gleich vor Ort speichern.“
Hubner stellte auch verschiedene Formen von Wasser-Retention auf Dächern vor und referierte über deren Vor- und Nachteile. Als Forderung an das Dach im Jahr 2050 hielt er fest: „Wir müssen die Flächen, die wir haben, auch nutzen – und das wird die Dachfläche sein. Daher sollten wir die Dächer in Zukunft für uns arbeiten lassen und etwas von ihnen zurückfordern.“ Bei all dem dürfe man aber eins nicht vergessen: „Die eigentliche Schutzfunktion des Dachs, denn sonst funktioniert die ganze Nutzungsstrategie nicht.“
Die abschließende Podiumsdiskussion mit den vier Dachthemen-Speakern moderierte Birgit Tegtbauer, Chefredakteurin der Fachmagazine „Dach Wand“ und „Glas“. Dabei wurden die bereits genannten Ansätze zusätzlich vertieft und auch das Publikum aktiv miteinbezogen, das neben weiteren praktischen, fachlichen und wissenschaftlichen Inputs durchaus auch emotionale Statements parat hatte.
Beim Ausklang des BMI Rooftop Talks auf der Terrasse der MQ Libelle wurde ebenfalls noch eifrig weiterdiskutiert und genetzwerkt. Mit feinstem Fingerfood und köstlichen Getränken ging bei lauer Frühsommer-Abendstimmung ein absolut gelungener Event-Nachmittag zu Ende.